Chronische Schmerzen lösen – psychologische Schmerztherapie Teil 2

29. Juli 2024

In Teil 1 habe ich geschrieben, dass es zuerst darum geht, den Schmerz zu akzeptieren. Jeder Schmerz ist wie ein Signal. Auch wenn er physiologisch nicht erklärbar ist, weist er auf eine „Notlage“ in unserem Leben hin. Deshalb geht es bei chronischen Schmerzen darum, den Körper mehr zu beachten und wahrzunehmen, wann fühle ich den Schmerz mehr und wann weniger. Der Körper hat ein körpereigenes Schmerzregulierungssystem, das wir kennenlernen können.

Es geht darum, den Körper mit seinen Signalen verstehen zu lernen. Wenn du z.B. immer wieder von Migräne überfallen wirst, ist sie für dich schon bald wie ein Feind, der unbedingt bekämpft werden muss. Die Schmerzen sollen einfach weg. Wenn du dir aber mal etwas Verrücktes erlaubst und die Migräne als Freund betrachtest, der dir gerade etwas sehr Wichtiges zeigen will, dann kommt eine Veränderung in diesen Schmerzprozess. Der Körper schützt uns mit all seinen Signalen und sie wollen ernst genommen werden. Man stellt an einer Atomanlage ja auch nicht einfach die Alarmanlage ab, weil sie zu laut ist, sondern schaut sehr genau, weshalb sie angesprungen ist. Was kannst du also tun?

Schmerztagebuch führen

Schreibe zweimal am Tag auf, wie stark der Schmerz gerade ist und was du gerade tust, um Zusammenhänge herauszufinden, wann der Schmerz weniger stark ist und wann sehr stark. Benutze dafür eine Skala von 0-10, um den Schmerz einzuschätzen. 10 bedeutet, die Schmerzen sind sehr stark und 0 bedeutet, du hast gar keine Schmerzen. Diese Information hilft, dass das natürliche Regulierungssystem des Körpers eingeschaltet werden kann. So entwickelst du eine neue Haltung dem Schmerz gegenüber, eine Offenheit und Neugier, die schon etwas im Alltag verändert.

Die eigenen Bedürfnisse kennenlernen

Manchmal leben wir einen Tagesrhythmus, der von außen geprägt ist, von unserer Arbeit, unseren Beziehungen und anderen Umständen, die uns von unseren eigenen Bedürfnissen abschneiden. Was zeigt uns der Schmerz, an welcher Stelle gehen wir über unsere Bedürfnisse hinweg? Und welche Bedürfnisse sind das eigentlich? Das kann schon der Umstand sein, dass du auf der Arbeit sehr viel stehst und dein Körper mit Schmerzen reagiert. Stell dir die Frage: Gibt es eine Möglichkeit, sich zwischendurch einmal hinzusetzen oder Tätigkeiten im Sitzen auszuüben, die du bisher im Stehen vollzogen hast. Es kann sein, dass dein Körper mit Schmerzen reagiert, weil du ständig Überstunden machst und dir der Ausgleich fehlt. Wie kannst du besser für dich sorgen, dir deine Freizeit gönnen, einmal nein sagen, anstatt ja.

Den Schmerz halten

Dadurch, dass wir den Schmerz oft einfach weghaben wollen, fällt es uns schwer, ihn genau wahrzunehmen und auszuhalten. Doch je genauer wir den Schmerz wahrnehmen, desto mehr kann auch unser Gehirn ihn verstehen und einordnen. Und wenn wir uns dann erlauben, auch angenehmere Gefühle neben dem Schmerz wieder wahrzunehmen, kann unser Gehirn registrieren, dass wir nicht nur Schmerz sind. Die Synapsen feuern bei der neutralen oder angenehmen Empfindung und bauen Verbindungen auf. So kommt Bewegung durch die Wahrnehmung im Gehirn an, so dass sich der Körper und das Gehirn regulieren. Wie geht das?

Chronischen Schmerz genau beschreiben

Du kannst aufmerksam den Schmerz wahrnehmen, an welcher Stelle des Körpers er sich befindet. Erlaube dir, in ihn hinein zu spüren und frage dich:

  • Wie stark spüre ich den Schmerz von einer Skala von 0-10 (10 – sehr stark)
  • Wie fühlt sich der Schmerz genau an?
  • Ist er eher spitz oder stumpf oder drückend?
  • Ist der Schmerz eher heiß oder kalt?
  • Was würde ich ihm subjektiv für eine Farbe geben?
  • Sehe ich in der Farbe ein Symbol (Stein, Tier)?

Eine neutrale Körperempfindung suchen

Nun lenkst du deine Aufmerksamkeit weg vom Schmerz hin zu einem Körperteil, der sich normal oder gut anfühlt. Es gibt immer irgendwo im Körper auch eine andere Empfindung als den Schmerz. Es kann nur der kleine Finger sein oder ein Ohr. Du fokussierst dich auf diese Stelle und fragst dich:

  • Wie fühlt sich dieser Teil des Körpers genau an?
  • Ist es ein rundes oder eher ein eckiges Gefühl?
  • Ist es eher heiß oder kalt oder neutral?
  • Ist das Gefühl dort eher leicht oder schwer?
  • Welche Farbe würdest du diesem Gefühl geben?
  • Wie stark von einer Skala von 0-10 fühlst du dieses Gefühl? (10 – sehr stark)

Hin- und herpendeln

Dann gehe wieder zurück zu dem Schmerz und frage dich:
Wie stark spüre ich den Schmerz jetzt auf einer Skala von 0-10?
Wie ist das Gefühl jetzt im Vergleich zum ersten Mal?
Bleibe 1 Minuten bei dem Gefühl und gehe dann wieder zu dem neutralen bis gutem Gefühl. Frage dich wieder, wie stark es ist und wie es sich genau anfühlt.
Und dann pendle zwei bis dreimal zwischen diesen beiden Gefühlen hin- und her.
Am Ende der Übung frage dich, was sich vom Gefühl und deinem Schmerzempfinden verändert hat.

Wenn du möchtest, melde dich gerne zu einer Therapiesitzung an. Ich arbeite dann ganz individuell mit dir und deinem Schmerzempfinden. Chronische Schmerzen müssen nicht ein Leben lang anhalten. Die Verbindung zwischen Körper und Seele zu beachten ist oft ein wichtiger Aspekt, damit der Schmerz langsam gehen kann.

Gerne berate ich Sie zum Thema chronische Schmerzen. Ich freue mich auf Ihren Anruf/Ihre Nachricht.